66° Nord

Ich habe den 66. und damit dritten und letzten Breitengrad auf meiner Reise durchwandert. Das Hochland und das stramm entschlossene Wetter liegen hinter mir. Die Landschaft ist wieder grüner geworden. Vorbei durch die letzte Hochlandwüste ging es zum See Myvatn. Von dort durch einen fantastischen, prachtvollen Canyon nach Ásbyrgi. Dettifoss, der grösste Wasserfall Europas donnert dort in die Schlucht. Der eisige Wind trägt mich immer weiter nach Norden. Auch die Sonne scheint jetzt öfter und mein Solarpanel auf meinem Rucksack ist allzeit geladen. Deswegen kann ich schlampig mit meinen Akku-Ressourcen umgehen und höre Musik beim wandern. Es ist jetzt meistens windstill und mein Handy klemmt unter meinem Rucksackgurt. Bruce Springsteen's emotionale Stimme begleitet mich durch diese isolierte Welt. Die Energie seiner Songs stützt mich! Sie ist die Leitung zu meinem Vater, in die ferne Galaxie. Ich springe über das Land als wäre mein Rucksack nicht hier. Es fühlt sich alles leicht an. Ich bin stark wie zwei! Doch wenn es regnet, geniesse ich wieder die Stille. Im Zelt übe ich dann das knoten. Mit einem Seil baue ich sämtlich Knoten Kombinationen. Erst nach Anleitung aus meinem Outdoorbuch, dann auswendig und dann mit geschlossenen Augen. Immer und immer wieder. Auch in den Pausen habe ich immer ein Stück Seil in meiner Tasche. In den letzten Tagen hat mir diese Insel wieder alles gezeigt was sie zu bieten hat. Jede Sekunde in diesem ursprünglichen Land ist gewaltig. Es kann so schön sein das ich es kaum aushalte, aber es kann auch so erbarmunglos sein, das ich mich frage was mache ich hier eigentlich. Das Wasser, des letzten Flusses den ich bei strömenden Regen furten mussten, ging mir bis knapp unter den Bauch. Mein Rucksack musste ich dabei auf händen tragen. Ein Moment der nicht zu meinen Lieblingsmoment zählt. Am Kopf der Schlucht von Ásbyrgi konnte ich schon das Meer in der ferne erkennen. Ich saß auf einem Felsen und habe über eine Stunde auf die Schlucht geschaut. Ich habe über meine Füsse und Knie nachgedacht. Die Schmerzen werden grösser. Ich möchte keine Berge mehr laufen! Ich habe noch Essen für drei Tage in meinem Rucksack. Ich esse einfach extrem viel. Trotzdem genug um wie geplant nach Husavik zulaufen und dort meinen Rucksack wieder aufzufüllen. Aber ich habe mich entschieden meine Route zu ändern und durch flaches Gebiet zum nördlichsten Punkt des isländischen Festland zulaufen (N66° 32 W16° 12). Aus diesem Grund bin ich an einer Strasse von Ásbyrgi nach Husavik getrampt um dort meine Besorgungen zu machen und Wäsche zu waschen. Der erste kleine Ort seit über 6 Wochen. Ein komisches Gefühl. Ich bin schneller als erwartet. Das liegt daran das ich vor einigen Wochen 80 km überspringen musste. Hier in Husavik bleibe ich jetzt 2 Tage bevor ich wieder nach Ásbyrgi trampe und von dort Richtung Nordosten laufe. Die letzte Etappe meiner Reise.

7 Kommentare:

  1. Hallo Davi,

    ich lese und sehe wie sehr gut dir diese Reise tut. Bin froh...
    Diese wunderschöne Landschaft, einfach traumhaft...
    und deine Schilderungen dazu so richtig ergreifend...Klasse Reisebericht!
    Ich wünsche dir für den Rest der Reise noch viel Kraft und tolle Erlebnisse...
    Und...pass auf deine Füsse auf!! ;))
    Bis bald.
    Liebe Grüße.
    Deine Mum.

     
  2. So, ab jetzt noch 24°, dann hast du den Nordpol erreicht :o)

    Lieben Gruß
    Sven

     
  3. das ist mir doch etwas weit ;)

     
  4. Hallo davi,
    tolle Berichte, herrliche Landschaften. Man hat das Gefühl, etwas zu verpassen, wenn man das noch nicht gesehen hat.
    Prima Leistung, was du bisher alles geschafft hat. Viel Kraft und einzigartige Eindrücke für die letzte Etappe. Gabi.

     
  5. Hallo David! Deine Etappenberichte sind sau spannend. Man fühlt sich richtig mit auf die Reise genommen. Deine Begegnungen mit Mutter Erde sind erstaunliche Erfahrungen die Du machst.. endlich mal einer der die Comfort-Zone verlässt; ) ich denke, du bist für den Schweizer Zeltplatz, den ich Dir gebucht habe, recht gut vorbereitet:) Hab noch eine super Zeit und pass auf Dich auf. Lg Bernd

     
  6. Danke Bernd. Das pure Abenteuer hier! Ich freu mich auf die Schweiz. Hab das Zelt pitching jetzt lange genug geübt ;).

     
  7. Hallo David,
    jetzt biste ein richtiger Abenteuerer
    und Deine Mum ist mächtig stolz auf Dich...und ich kann mir vorstellen, dass da noch jemand riesig stolz sein wird...!!!
    Bis denne
    Jürgen